„Kein langes Vorspiel benötigte ich, sondern bin immer
auf den ersten Knopfdruck gekommen", steht in einer Ausschreibung
des Motorsportklub Graz. Darin verkauft sich eine Suzuki Bandit
1200 und nimmt dazu die Ich-Form an, die ihr ihr "Reiter"
und Besitzer 10 Jahre lang zuschrieb.
In der Pornosprache der ganzseitigen Liebeserklärung an eine
Maschine spitzt sich eine Personifizierung und Ersatzleistung zu,
die den Grazer zum Mongolen oder Apachen auf einem Motorhengst als
sexy determiniertem Compañero macht. Was heisst es, Rocker
in Graz zu sein, der Stadt mit der niedrigsten Fahrradklaurate?
Wie beschleunigt man Gedanken mechanisch? Wie lässt sich eine
Sicherheitsabsperrung legal umfahren?
Dolly Graz ist eine Kamerafahrt ohne Kamera; ein Kurzfilm, der abgespult
wird, indem die Räder der Maschine drehen.
Halbstündlich werden die User einzeln auf der Acconci-Insel
abgeholt, in Helm und Nierengurt gepackt und auf die Piste gefahren.
Die Piste ist Graz. Ob im Seitenwagen oder auf dem gut gepolsterten
Rücksitz einer kräftigen Straßenmaschine - der Zuschauer
ist Beisitzer, Kameraassistent oder einfach Voyeur.
Graz zieht vorbei wie ein Film. Hinter dem Visier des Helmes wird
die Stadt zum Streifen.
Über Hygiene Heute:
Stefan Kaegi ist in Solothurn (Schweiz) aufgewachsen, hat in Zürich
Kunst, in Giessen angewandte Theaterwissenschaften studiert und
lebt in Frankfurt/M. Mit Bernd Ernst begründete er 1998 das
Label "Hygiene Heute", um Pannen und theatrale “Ready-Mades"
ins Theater zu holen.
Seine Hörspiele "Kugler Der Fall" und "Warum
Jodie Foster kein Wasser will" und "Play Dagobert"
wurden von diversen Sendern in Deutschland und der Schweiz ausgestrahlt.
Erst kürzlich Impulse Theaterpreis für "Shooting
Bourbaki" mit dem Kollektiv Haug/Wetzel/Kaegi.
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